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Selbstbefragung II

DIE VERNEINUNG DER SELBSTBEFRAGUNG II

 

Blätterstück Nr.3

 

… ist ein Statement über Kunstschaffen. Es ist die Verweigerung der Erklärung  des Werkes. Kunst ist für Menschen. Die Arbeit erklärt sich ihnen aus sich selbst heraus…oder auch nicht. Sie bleibt mysteriös, lässt viele Deutungen zu oder steht ganz einfach in dem Raum dazwischen, in dem eine  Ahnung Form gewinnt.

Gleichzeitig ist es eine Beschreibung über die Möglichkeit von Kunstentstehung.

In diesem Fall hat die Performance ihren Ursprung in voran gegangenen Arbeiten und steht als vorübergehendes Ereignis am Ende der Reihe.

Geht man noch weiter zurück erreicht man den Beginn aller Kreativität und Schaffens: es ist die Lust am Entdecken, am Spiel, das Bedürfnis das Leben zu verstehen und handhabbar zu machen...und sei es nur für einen selbst.

Die Sinnsuche, die Erklärung und Deutung obliegt dem Publikum. 

Was auch immer passiert…offen sind alle Wege.

Ich bin/wir sind dankbar für jeden Gedanken und jede Rückmeldung.

 

Die Performance:

 

Wir starteten um 14 Uhr in Berlin an der Brücke Ohlauer Str. / Ecke Maybachufer und bewegten uns von da aus über den Markt am Maybachufer immer am Wasser entlang über den Kottbusser Damm in Richtung Urbanhafen.

 

Ich liess mich in einen Bettüberzug, der mit getrockneten Blättern gefüllt war, einnähen. In diesem Sack rollte ich über die gesamte Strecke von 1,5 km. Vier Begleiter wiesen mir mit Stöcken den Weg und bewahrten mich vor Gefahren aller Art. Wir brauchten ungefähr 3,5 Stunden.

 

Stimmen von Menschen, die das ganze von aussen gesehen und erlebt haben: 

 

Sie wird es nicht überleben, sagte eine Türkin am Kottbusser Damm, wo auch die Autoabgase sich häuften. Viele andere schienen mit dir zu leiden, vor allem in der zweiten und dritten Stunde. Anfangs lachten noch viele. Ich fand es sehr spannend, besonders am Markt mit den Reaktionen der vielen verschiedenen Menschen.

 

Als die spitzen Steine auftauchten und kleine Scherben und dazu dein Laub schon sehr wenig und der Bettbezug ölig und dreckig geworden war, hab ich es als sehr grenzwertig erlebt. Ich litt da besonders mit ... Die Länge war schwer zu verkraften, obwohl andererseits deine Körperformen und - bewegungen, mangels Laub, auch immer sichtbarer wurden. Aber das Kreatürliche, das ´zum Markt getragen werden`, wie ich es empfand, war ja von Anfang an zu spüren. Ein Mann mit Fahrrad, der sich als Schriftsteller entpuppte, hatte die Assoziation, einer Abschiebung beizuwohnen. Eine Italienerin mit Kind rief begeistert aus:

´E  l´amore per l´arte!`. Ich frage mich, wie Du dich in dem ´Sack` fühltest...

 

Meine ersten Eindrücke waren diese:

Mir kam ein Satz in den Kopf, oder besser eine Reihe von Wörtern, die ich einige Male umarrangierte:

The bed sheet bleeds autumn.

The bed bleeds autumn.

The bed is bleeding autumn.

The bed sheet is bleeding autumn.  

 

Ich hatte das Gefühl, dass mir eine Frage beantwortet wurde. Wir machen Kunst um sie zu teilen. Kunst ist dafür vorgesehen sie zu teilen.

Ich habe fast die gehasst die fragen: warum lädt man dazu ein? Zu teilen ist schön. Und Kunst ist da um zu teilen.

 

Ich dachte an den Mann, der sagte: Ich glaube nicht, dass das erlaubt ist. Er schien sehr besorgt zu sein. Etwas zu dürfen hat mich in den letzten Wochen öfters beschäftigt. Nur, warum dürfen wir nicht?? Warum ist vieles nicht erlaubt , anderes dafür um so mehr?

 

Deine Präsenz war zu spüren, auch wenn wir Dich nicht gesehen haben !!!

Ich war sehr angetan, habe ich mir doch an diesem Ort etwas mit Wasser vorgestellt..seltsam.

Ja, dann die vielen erstaunten Betrachter und die Irritationen der Marktleute...das Environment...guter Ort.

Deine Lenker waren so konzentriert und Deine Bewegungen fliessend...

Und Deine Energie! Ich hoffe, Du hast Deinen Körper, trotz Grenzerfahrung hinter her noch gebrauchen können. 

Vielen Dank für diese besondere Erfahrung!

 

Was für ein phantastischer Prozess. War es nicht schmerzhaft so eine lange Strecke zu rollen. Die Blätter, die du als Polster hattest, mögen nicht viel geholfen haben.

Glückwunsch, es ist so zufrieden stellend eine Arbeit gemacht zu haben, die von Bedeutung ist.

 

Hammer, wie die Leichen in Indien, die man die Strasse entlang, eingehüllt in ein Laken, zum Verbrennungsplatz trägt.

Mensch im Blätterteig, gespenstisch, archaisch, Gott sei dank auch komisch. Geil!

 

Wer wissen möchte, was ich dabei empfunden habe, den verweise ich auf den ersten von Beckett`s Texten Um Nichts.

 

mit Paula Chesley, Evan Foster, Tyler Rai und Jonas Wentritt

 

Fotos: Karin Preisser

 

2014, Berlin, Deutschland